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Doch auch ohne Weltmeisterschaft ist der Fußball in Brasilien allgegenwärtig. Gespielt wir am Strand, auf der Straße oder im Drahtkäfig an den Steihängen der Favelas von Rio de Janeiro. Kein Wunder, träumen doch gerade viele Jugendliche aus der Unterschicht von einer Karriere als Profifußballer und trainieren leidenschaftlich in jeder freien Minute. Es überrascht nicht, dass wohl aus kaum einem Land der Welt so viele Talente stammen, die heute in internationalen Vereinen spielen.
Neben dem Export von Profifußballern ist Brasilien jedoch auch in vielerlei anderer Hinsicht ein Land der Superlative. Das artenreichste Land der Erde besitzt mit dem Amazonas zugleich den wasserreichsten Fluss der Welt und beheimatet eines der größten Regenwaldgebiete auf unserem Planeten. Als weltweit sechstgrößte und eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften steht Brasilien außerdem an der Spitze der aufstrebenden Wirtschaftsnationen.
Gleichzeitig ist Brasilien ein Land der Gegensätze. Jeden Tag kämpfen fünf Millionen Landlose als Tagelöhner um das Nötigste zum Überleben, während noch immer fast die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche einer geringen Zahl von Großgrundbesitzern gehört. Und trotz der stetig wachsenden Mittelschicht lebt ein großer Teil der Stadtbevölkerung auch nach den vergangenen Boomjahren unter einfachsten Verhältnissen in den riesigen Slums der großen Metropolen im Südosten des Landes. Oft befinden sich die Favelas sogar nur einen Steinwurf entfernt von bewachten Villen und Appartementhäusern der Mittel- und Oberschicht. Und während im Amazonasgebiet noch immer indigene Stämme als Jäger und Sammler leben, exportieren brasilianische Unternehmen aus Luftfahrt und Erdölförderung Spitzentechnologie in alle Welt.
Allein aufgrund der Größe des Landes, das fast die Hälfte Südamerikas bedeckt, braucht man Zeit um die vielen Facetten von Land und Gesellschaft zu erleben. Von der Grenze im Norden bis in den äußersten Süden Brasiliens sind es knapp 4.400 km, was auf Europa bezogen etwa der Strecke von Gibraltar bis zum Nordkap entspricht. Zwischen den phantastischen Iguaçu-Wasserfällen im südlichen Dreiländereck mit Argentinien und Paraguay und dem undurchdringlichen Regenwald des Amazonasbeckens im Norden finden begeisterte Besucher Traumstrände mit gigantischen Dünen, Tafelberge, Wasserfälle, Feuchtsavannen und Halbwüsten mit einer exotischen Tier- und Pflanzenwelt.
Kein Wunder, das die Brasilianer ihr Land leidenschaftlich lieben. Mit der gleichen Leidenschaft wird vermutlich nur noch Karneval gefeiert und die Fußballnationalelf des Rekordweltmeisters angefeuert. Die offene und lebensfrohe Art, mit Alltagsthemen umzugehen überträgt sich wie die entspannte Haltung zu Dingen, die sich scheinbar nicht ändern lassen schnell auch auf Besucher. Die große Gastfreundlichkeit und eine ausgeprägte Neugier gegenüber europäischen Reisenden helfen dabei miteinander ins Gespräch zu kommen.
Dabei lohnt ein Blick auf die vielfältigen kulturellen Einflüsse. Denn ebenso vielfältig wie die Lebenswelten der Brasilianer sind ihre kulturellen Wurzeln. Sie reichen zurück zu europäischen Einwanderer aus Italien, Deutschland, Spanien, Polen und den portugiesischen Kolonialisten auf der einen und den vom 16. bis zum 19. Jahrhundert als Sklaven nach Brasilien verschleppten Afrikanern auf der anderen Seite. Gerade im Nordosten des Landes sind die afrikanischen Einflüsse stark ausgeprägt, während die Nachfahren der deutschen Einwanderer die Kultur im Süden Brasiliens stark beeinflussen. Die ursprünglich einheimischen indigenen Volksgruppen stellen im Vergleich dazu nur einen verschwindend geringen Teil der Bevölkerung.
Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmern werden wir Brasilien während der Weltmeisterschaft besuchen. Die 15 Tage der Reise werden dabei ganz unter dem Zeichen von Fußball und Fair Play stehen. Die Tour startet in Natal und führt entlang der sonnigen Atlantikküste über Recife bis nach Salvador da Bahia, bevor sie ihren krönenden Abschluss am Zuckerhut von Rio de Janeiro findet.
Das Besondere: Wir werden die brasilianische Leidenschaft für den Fußball nicht nur aus der Sicht des WM-Zuschauers erfahren, sondern in die lokale (Fußball-) Kultur eintauchen und sie aktiv erleben. Die daraus entstehenden Begegnungen ermöglichen uns die direkte Auseinandersetzung mit den Hoffnungen und Träumen der Menschen vor Ort und öffnen den Blick auf eine Kultur, in der Identität und Zugehörigkeit nicht nur im Fußball eine große Rolle spielen.
Im Rahmen von drei Freundschaftsspielen werden wir gegen die Mannschaften verschiedener brasilianischer Kinder- und Jugendprojekte antreten, die wir durch unsere Reise fördern. Zugleich unterstützen wir die Arbeit von KiezKick - Fussball der Kulturen. Denn was KiezKick für St. Pauli ist, sind die brasilianischen Projekte für die Kinder und Jugendlichen aus problembehafteten Stadtteilen dort. Feste Anlaufstellen, die Integrationsprozesse fördern und soziale Kompetenzen durch Sport- und Musikangebote stärken. Außerdem planen wir zwei Stadionbesuche zu WM-Spielen, gemeinsames Public Viewing mit brasilianischen Fans an den unterschiedlichsten Orten sowie Capoeira- und Percussion-Workshops.